Seit dem 11. April 2010 lebe ich vegan. Das sind nun 5 Jahre. Anlässlich dieses Jubiläums möchte ich von meinen Gründen und Erfahrungen erzählen sowie ein paar Gedanken äußern.
Ein paar Jahre zuvor, sagte ich einmal „Vegaaan? Das könnte ich nie!“ Ich konnte mir einfach nicht vorstellen vegan zu leben. Denn ich dachte, dass ich dann fast gar nichts mehr essen könnte. Zudem habe ich nicht verstanden, warum manche Menschen überhaupt vegan leben. Vegetarisch leben konnte ich hingegen schon immer relativ gut nachvollziehen, weil für den Fleischkonsum Tiere getötet werden. Aber für Milch und Eier müssen doch keine Tiere sterben!? Mein Glück war, dass ich wenigstens die Entscheidung von Vegetarier_innen nachvollziehen konnte und eines Tages deshalb dazu bereit war mich näher mit den Gründen für eine vegetarische Lebensweise auseinanderzusetzen, auch wenn mein Ziel eigentlich nur eine starke Reduktion meines Fleischkonsums war – ganz aufhören mit dem Essen von Fleisch wollte ich nicht.
Ich begann also mich mit dem Thema zu beschäftigen, schaute mir den Film Earthlings an und kam von einem zum nächsten. Zuerst wurde ich Vegetarierin, 2 Jahre später dann Veganerin. Aber warum eigentlich, wenn das gar nicht mein Ziel war? Erst als ich begann mich ausführlich mit dem Thema Vegetarismus bzw. Veganismus auseinanderzusetzen, erfuhr ich alle Gründe und verstand sie nach und nach. Das Verstehen der Gründe war ein längerer Prozess, der in meinem Kopf stattfand und mein Denken und somit meine Meinung langsam veränderte. Irgendwann war mir das Essen von tierlichen Produkten einfach nicht mehr möglich.
„The greatest enemy of knowledge ist not ignorance. It is the illusion of knowledge.”
(dt: „Der größte Feind des Wissens ist nicht die Unwissenheit, sondern die Illusion etwas zu wissen.”)
(Daniel J. Boorstin)
Ich beschäftigte mich mit der Haltung und Tötung von Tieren. Selbstverständlich wusste ich bereits, dass Tiere für uns eingesperrt und getötet werden, aber die ernorme Grausamkeit, mit der dies geschieht wurde mir erst dann bewusst. Ich erfuhr u.a., dass auch für Milch und Eier Tiere sterben müssen, dass ein Leben in Zoos nicht schön für die Tiere ist und dass Tierversuche nicht einmal auf Menschen übertragbar sind. Ich schäme mich seitdem dafür, dass ich dieses System unterstützt habe. Während meines Biologie-Studiums habe ich sogar an Tierversuchen teilgenommen. Ich frage mich immer wieder, wie ich das nur tun konnte. 🙁 Aber vielleicht bin ich nun wenigstens ein sehr gutes Beispiel dafür, dass eine Auseinandersetzung mit dem Thema unser Denken und somit letztendlich unsere Meinung sehr stark verändern kann.
Ich setzte mich weiterhin mit der Tierrechtsidee auseinander und bin seitdem der Meinung, dass Tiere ein Recht auf ein eigenständiges Leben in Freiheit haben, weil sie ebenso wie wir Freude und Leid empfinden können. Ich würde nicht einmal mehr ein Ei von einem wirklich freilebenden Huhn essen, auch wenn es dem Huhn angeblich nicht schaden sollte. Können wir das denn so genau wissen? Es kostet z.B. sehr viel Energie ein Ei zu produzieren und wenn das Ei weggenommen wird, ist die Investition umsonst gewesen. Ist das kein Schaden? Vielleicht hätte die Henne das Ei gern bebrütet und wäre gern Mutter gewesen. Ich verhalte mich anderen gegenüber so, wie ich selbst behandelt werden möchte und mache zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren keinen Unterschied mehr.
Die Auswirkungen des Konsums tierlicher Produkte auf den Welthunger, die Umweltzerstörung und meine eigene Gesundheit bestärkten mich darin, dass die vegane Lebensweise richtig für mich ist. Mir wurde bewusst, dass wir mit einer veganen Ernährung mehr Menschen ernähren könnten und dass der Konsum tierlicher Produkte die Hauptursache für den Klimawandel ist. Für den Soja-Anbau werden riesige Regenwaldflächen gerodet und 90 % der weltweiten Ernte wird an sogenannte „Nutztiere“ verfüttert, während viele Menschen verhungern. Das finde ich nicht gerecht! Ich war sehr bestürzt, gleichzeitig aber auch froh, dass ich das nicht mehr unterstützte. Zudem erfuhr ich, dass die vegane Ernährung viel gesünder ist als die gängige Mischkost.
„Moralisches Handeln ist dasjenige Handeln, das nicht eigennützig, sondern altruistisch ist. Sein Motiv ist gerade nicht das eigene Wohl, sondern direkt das Wohl und Wehe anderer Wesen.”
(Arthur Schopenhauer)
Es fragen sich sicher viele, ob vegan leben nicht schwierig ist. Selbstverständlich ist eine Lebensweise, die nicht von den meisten Menschen gelebt wird, nicht immer ganz einfach. Ich bekomme nicht überall alles in veganer Variante und mache vielleicht einigen Leuten Umstände, obwohl ich es gar nicht möchte. Zudem bekomme ich auch mal den ein oder anderen blöden Spruch an den Kopf geworfen und muss damit klarkommen. Viel schwieriger finde ich es aber eine Lebensweise zu leben, die ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren kann. Aber mir geht es eigentlich gar nicht darum, wie schwierig oder wie toll eine vegane Lebensweise für mich ist. Ich lebe vegan, weil ich Gerechtigkeit für andere möchte.
In den letzten Jahren hat sich viel verändert. Mittlerweile ist es, vor allem in größeren Städten, sehr einfach geworden vegan zu leben und die meisten Menschen stehen der veganen Lebensweise positiver gegenüber als noch vor ein paar Jahren. Vor 5 Jahren wurde mir in Restaurants noch Unverständnis entgegen gebracht, wenn ich nach einem veganen Gericht gefragt habe. Heute ist das kein Problem mehr. Rein vegane Restaurants, Imbisse, Läden und sogar Supermärkte sprießen aus dem Boden. Vegan ist Trend geworden, weil sich die gesundheitlichen Vorteile herumgesprochen haben. Ich freue mich, dass dadurch weniger Tiere leiden müssen. Jedoch finde ich es sehr schade, dass die Tiere in den Hintergrund getreten sind.
Der Hauptgrund für meine vegane Lebensweise ist nach wie vor das Tierleid, dass ich nicht mehr unterstützen kann und möchte. Meiner Meinung nach ist das, was den Tieren angetan wird, die schlimmste von allen Grausamkeiten, die es auf der Welt gibt. Ich finde die anderen Gründe auch sehr wichtig und unterstütze sie sehr, aber sie allein wären für mich vielleicht gar nicht genug gewesen um konsequent vegan zu leben. Der Konsum von z.B. einem einzigen Stück Käse aus Tiermilch pro Woche hätte für die Gesundheit, andere Menschen und unsere Umwelt wahrscheinlich nicht sehr große Auswirkungen, da nur der massenhafte Konsum tierlicher Produkte zu den Problemen führt. Für die Tiere macht es hingegen einen großen Unterschied, weil auch für kleine Mengen Käse Tiere gebraucht werden, die dadurch ein enorm leidvolles Leben in Gefangenschaft ertragen und an einem frühzeitigen Tod sterben müssen. Daher kommen für mich derartige Ausnahmen nicht in Frage.
„Be the change you wish to see in the world!”
(dt: „Sei Du selbst die Veränderung, die Du in der Welt sehen willst!”)
(Mahatma Gandhi)
Vegan zu leben war eine der besten Entscheidungen, die ich in meinem Leben getroffen habe. Ich bin sehr glücklich damit und ein Zurück wird es für mich, aus den genannten Gründen, niemals geben. Diese Entscheidung fühlt sich einfach immer noch richtig an und ist für mich auch immer noch ein großer Gewinn.
Zum Abschluss möchte ich noch auf ein Video hinweisen, welches die Gründe für eine vegane Lebensweise sehr schön zusammenfasst: Warum vegan?