Wie ich bereits erwähnt habe, haben sich die meisten Veganer_innen aus ethischen Gründen für eine vegane Lebensweise entschieden und möchten das Ende sozialer Ungerechtigkeit erreichen. Nicht nur nichtmenschliche Tiere, sondern auch Menschen leiden unter dem massiven Konsum von Fleisch, Milch und Eiern. Während es hier ein Überangebot an Nahrung gibt, verhungern in anderen Ländern immer mehr Menschen. Ein weiterer Grund für eine vegane Lebensweise, der für viele Veganer_innen nicht weniger wichtig ist, ist die Bekämpfung des Welthungers. Was hat der Konsum von Fleisch, Milch und Eiern mit der Welternährungssituation zu tun? Darauf werde ich jetzt etwas näher eingehen.
„Jedes Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet.”
(Jean Ziegler, ehem. UN-Sonderberichterstatter)
Über 7 Milliarden Menschen leben auf der Erde. Fast 1 Milliarde Menschen leiden an Hunger und alle 5 Sekunden stirbt ein Kind unter 10 Jahren daran, obwohl 12 Milliarden Menschen ernährt werden könnten. Dem UN-Weltagrarbericht zufolge werden 70 % der Agrarflächen für Tierfutter verwendet. Es gäbe genug Essen für jeden Menschen, wenn nicht 50 % der Weltgetreideernte und 90 % der Weltsojaernte an die „Nutztiere“ verfüttert werden würde. Der Cornell University zufolge werden für die Produktion von 1 kg Fleisch fast 6 kg Getreide bzw. Soja verbraucht. Einige Quellen sprechen sogar von bis zu 16 kg. Es ist logisch, dass bei der Produktion von Fleisch und anderen tierlichen Nahrungsmitteln Kalorien aus dem Getreide bzw. dem Soja vernichtet werden, da die „Nutztiere“ selbst Kalorien verbrauchen. Wenn wir pflanzliche Lebensmittel statt den tierlichen Produkten konsumieren, setzen wir Nahrung für hungernde Menschen frei. Es werden zwar auch viele Lebensmittel weggeworfen (was auch falsch ist!), aber selbst wenn das nicht passieren würde, hätten wir nicht genug Nahrungsmittel, um den Hunger aller Menschen zu beenden. Die Reduktion des Konsums tierlicher Produkte ist dafür notwendig.
„Wenn ich um die Welt reise, sehe ich, wie arme Länder ihr Getreide an den Westen verkaufen, während ihre eigenen Kinder in ihren Armen verhungern. Und der Westen verfüttert es an ‚Nutztiere‘. Nur damit wir ein Steak essen können? Bin ich der Einzige, der sieht, dass das ein Verbrechen ist? Glauben Sie mir, jedes Stück Fleisch, das wir essen, ist ein Schlag in das verweinte Gesicht eines hungrigen Kindes. Wenn ich diesem Kind in die Augen sehe, wie kann ich dann noch schweigen? Die Erde kann genug Nahrung produzieren, um die Bedürfnisse aller Menschen, nicht jedoch die Gier aller Menschen zu befriedigen.“
(Philip Wollen, ehem. Vizepräsident der Citibank)
Ein Großteil des Tierfutters stammt aus den ärmeren Ländern, weil bei uns zu wenig Fläche für den Anbau der großen Futtermengen verfügbar ist. In einigen südamerikanischen Ländern z.B. werden Kleinbauern und indigene Gemeinschaften gewaltsam vertrieben, damit die Flächen für den Sojaanbau genutzt werden können. Die geernteten Sojabohnen werden nach Europa verkauft und dort als Futter für die „Nutztiere“ verwendet. Den Menschen fehlen dadurch Flächen für ihren eigenen Lebensmittelanbau und es müssen viele hungern, obwohl dort eigentlich genug Nahrung produziert wird. Gleichzeitig führt der massive Pestizideinsatz zusätzlich dazu, dass die Menschen, die dort leben, krank werden, frühzeitig sterben und Kinder mit Fehlbildungen zur Welt bringen. Auch genetische Schädigungen, insbesondere durch die Verwendung von Glyphosat, wurden nachgewiesen.
Für die Produktion von Fleisch, Milch und Eiern wird nicht nur Nahrung, sondern auch sehr viel Wasser verschwendet. Für 1 kg Rindfleisch werden z.B. mehr als 15.000 l Wasser verbraucht. Für die gleiche Menge Pflanzen wird viel weniger Wasser benötigt. Kartoffeln verbrauchen z.B. nicht einmal 300 l. Generell ist der Wasser-Fußabdruck von tierlichen Produkten, z.B. pro g Protein, größer. Es wird folglich viel weniger Wasser verbraucht, wenn andere Proteinquellen, wie z.B. Hülsenfrüchte, genutzt werden. Über 800 Millionen Menschen fehlt der Zugang zu sauberem Trinkwasser. Jährlich sterben 3 Millionen Menschen an den Folgen von verschmutztem Wasser. Einige Wissenschaftler_innen und die UN warnen schon seit mehreren Jahren vor einer großen Wasserknappheit. Eine aktuellere Studie der UN prognostiziert sogar einen Wassermangel in Europa. Es wird also noch viel mehr Menschen betreffen. Daher sollte viel sorgsamer mit dem Verbrauch von Wasser umgegangen und nichts verschwendet werden.
Nachdem wir dies alles verinnerlicht haben, sollten wir vielleicht einmal darüber nachdenken, ob das Essen von Fleisch (und anderen tierlichen Produkten) wirklich eine persönliche Entscheidung sein darf. Nach unserer Moral sollte jeder Mensch das tun dürfen, was er möchte, solange er anderen dabei nicht schadet. Mit jedem Stück Fleisch unterstützen wir jedoch dieses grausame System und fügen damit anderen Menschen (und nichtmenschlichen Tieren) einen großen Schaden zu.
Ich bin hier nur auf den Konsum von Fleisch, Milch und Eiern eingegangen. Auch die Lederproduktion verursacht viel Leid. Leder wird hauptsächlich in Bangladesh mit Kinderarbeit und einem großen Gesundheitsrisiko für die Menschen produziert. Für weitere Informationen dazu empfehle ich diese aufschlussreiche Doku: Gift auf unserer Haut – Leder und Pelze für Deutschland
UPDATE 18.03.14:
Die Schweizer Sektion der Menschenrechtsorganisation Amnesty International bietet bei der diesjährigen Generalversammlung ausschließlich vegane Verpflegung an, „weil die Ernährung elementare Fragen der globalen Gerechtigkeit tangiert“.
Weiterführende Informationen
Für weitere Recherchen empfehle ich folgende Links, die ich, neben den im Text angegebenen, ebenfalls als Quellen verwendet habe:
Arte-Doku „Nie wieder Fleisch?“ (ab 34:00)
Der Fleischatlas 2014
Weltagrarbericht
Plusminus – Pflanzenschutz